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Statische Meisterleistung

Werke von Paul Fuchs auf Landesgartenschau-Gelände

Memmingen.
Bildhauer Paul Fuchs brauchte eine gewisse Zeit, bis er den inneren Zugang zum Gelände fand. Seine „Windskulpturen", die er normalerweise in den Weiten toskanischer Hügel baut und die zuletzt auf einem grünen Berg bei Grimma ausgestellt waren, im künstlich gebauten Memminger Stadtpark? Der noch dazu von einer Autobahnbrücke durchschnitten wird? Umso intensiver fühlte er sich dann in die Standorte seiner meterhohen Plastiken ein - und schuf auf dem ehemaligen Landesgartenschau-Gelände mit acht Exponaten eine aufsehenerregende Ausstellung.
„Magie der Kunst" nennt Fuchs den Prozess, wenn er spürt, dass sich seine bis zu 31 Meter hohen Stahlskulpturen an der richtigen Stelle in die Natur einschmiegen und sie mit ihrer Umgebung und untereinander in Beziehung treten. Dieser magische Moment ist es, der schließlich auch die Betrachter fasziniert. Denn Paul Fuchs' Windskulpturen, die sich sanft bewegen und manchmal Töne produzieren, sind trotz ihrer mächtigen Höhen nur Andeutungen, die letztlich die Natur vollendet.
Etwa „High b" und das „Windzeichen" in einer Feuchtwiese: Je nach Blickwinkel (und Windstärke) verändern sich ihre Biegungen, nehmen sie als tanzendes Paar den Raum zwischen sich ein. Oder der kreisrunde „Au-schnitt", eine von zwei Plastiken, die Fuchs in den Gartenschau-See gestellt hat. Wie in einem Bilderrahmen rücken durch seinen Fokus scheinbar belanglose Dinge wie ein Baum oder eine Laterne auf einmal in den Mittelpunkt. Aufs Durchschauen, auf die Fragen nach dem, was dahinter ist, kommt es Fuchs in erster Linie an - und dass etwas Neues entsteht zwischen den feingliedrig wirkenden Eisenstangen.

Den Beruf des Kunst- und Bauschlossers hat der 1936 geborene Münchner, der seit vielen Jahren bei Siena lebt, zunächst gelernt, bevor er die Bildhauerei bei Prof. Heinrich Kirchner an der Akademie der Bildenden Künste in München studierte. Wenn es auch in seinem Werk heute nicht mehr um hübsche Verzierungen, sondern um die große Form geht, ist es doch ganz nah an der ausgeklügelten Schlosserarbeit geblieben. Wer einmal zu Füßen des 31 Meter hohen „Großen Zeigers" steht, ahnt, welch statische Meisterleistung sich dahinter verbirgt. Der sorgte bereits auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor für Furore und behauptet sich auch in Memmingen als starkes Gegenüber der Autobahnbrücke. Wie ein überdimensionales Hörrohr saugt dieses Werk mit seinen erdnahen Offnungen den Straßen- und Parklärm auf, um ihn demjenigen in ein sphärisches Rauschen und Gluckern zu transformieren, der sein Ohr an eines seiner Hörlöcher legt.
Dass fast ein Jahr „Paul Fuchs im Park" zu erleben, hat der Verein „Freunde derLandesgartenschau 2000" ermöglicht, der die Ausstellung mit Hilfe mehrerer Sponsoren und der Unterstützung der Rupert-Gabler-Stiftung Obergünzburg realisiert hat. Zu sehen ist sie noch bis zum März 2005.
Quelle: Allgäuer Zeitung, 02.06.2004 / Autorin: Brigitte Hefele-Beitlich

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